Mit blauen Lasern gegen Biofouling
In einer Versuchsreihe wird derzeit ein neues Verfahren zur Entfernung von Bewuchs auf Schiffsrümpfen und anderen Unterwasseroberflächen getestet.
Der Bewuchs auf maritimen Oberflächen wurde bisher vor allem durch Beschichtungen und mechanische Reinigungen bekämpft – mit eher mäßigem Erfolg. Umweltschäden mussten oft ebenso in Kauf genommen werden wie beschädigte Oberflächen. Ein neues Verfahren unter Einsatz von blauen Laserline Diodenlasern könnte das jetzt ändern. Getestet wird es derzeit auf Helgoland.
Laserlicht gegen maritimen Bewuchs
Mit blauem Laserlicht gegen maritimen Bewuchs – das klingt abenteuerlich, und das ist es auch. Mehrere Dutzend Kilometer vor der deutschen Küste, auf der Nordseeinsel Helgoland, wird derzeit eine spektakuläre Versuchsreihe gefahren. Im Rahmen eines Projekts mit Namen FoulLas, das vom Projektträger Jülich* aus Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert wird, rücken hier Laserline, das Fraunhofer Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM) sowie das Laserzentrum Hannover einem der größten Probleme maritimer Konstruktionen zu Leibe: dem Biofouling. Gemeint ist der Bewuchs durch Algen, Muscheln und andere Meeresorganismen, den fast jeder von Schiffsrümpfen, Hafenspundwänden oder unter Wasser verankerten Stahlträgern kennt. Diese oft zentimeterdicken und hochverdichteten Bewuchsschichten sind vor allem in der Schifffahrt kritisch. Zum einen erhöhen sie das Gewicht und den Strömungswiderstand, das betroffene Schiff fährt dadurch langsamer und verbraucht bis zu dreißig Prozent mehr Treibstoff. Zum anderen dürfen von Meeresorganismen besiedelte Schiffe manche Häfen nicht mehr anlaufen, da der Eintrag fremder Arten die lokalen Ökosysteme destabilisiert. Besonders restriktive Vorschriften wurden diesbezüglich unter anderem von Neuseeland sowie vom US-Bundesstaat Kalifornien erlassen.
Doch auch abseits der Schifffahrt verursacht das Biofouling nicht selten ganz erhebliche Probleme. So kann der Bewuchs beispielsweise Gezeitenkraftwerke, Aquakulturnetzkäfige oder andere bewegliche Konstruktionen funktionell beeinträchtigen. Hinzu kommt, dass die Meeresorganismen auch Antikorrosionsbeschichtungen und Materialstrukturen der einzelnen Oberflächen angreifen und so langfristig sogar die Stabilität rein stationärer Gewerke wie der Fundamente von Bohrinseln oder Windkraftanlagen gefährden.
Biozide & silikonbasierte Antifouling-Beschichtungen
Betreiber von Schiffen und Offshore-Anlagen setzen deshalb alles daran, die ungeliebten Gäste wieder loszuwerden bzw. dafür zu sorgen, dass sie sich erst gar nicht ansiedeln. Als vorbeugende Maßnahme wurden in der Vergangenheit in vielen Fällen biozide Antifouling-Beschichtungen aufgebracht, die den Bewuchs entweder von Grund auf verhindern oder die Zellstrukturen anhaftender Organismen zerstören sollten. Aufgrund ihrer toxischen Wirkung auch für andere Wasserorganismen sind heute jedoch nur noch wenige Biozide zugelassen, und selbst diese sollen in Zukunft gänzlich verboten werden. Eine biozidfreie Alternative sind silikonbasierte Antifouling-Beschichtungen, die sogenannten Silikon-FRCs (Silicone Fouling Release Coatings), die eine besonders glatte Oberflächenstruktur erzeugen. Darüber hinaus werden besiedelte Oberflächen unter hohem Zeit- und Kostenaufwand durch Tauchtrupps mechanisch gereinigt.
Doch der Erfolg dieser Maßnahmen hält sich erfahrungsgemäß in Grenzen. Erstens können Biozid- und Silikonbeschichtungen die Besiedlung aufgrund des hohen Bewuchsdrucks nur verzögern. Die Organismen siedeln sich rasch und in großer Zahl an, auch unter Einsatz von Beschichtungen ist in kürzester Zeit ein erheblicher Neubewuchs zu verzeichnen. Zweitens werden bei der mechanischen Reinigung durch Tauchtrupps zahlreiche Meeresorganismen freigesetzt, die dann unerwünschter Weise in die lokalen Ökosysteme einwandern – weshalb inzwischen in vielen Häfen die mechanische Schiffsreinigung verboten ist bzw. vor Einlaufen ein verbindlicher Nachweis der Bewuchsentfernung vorgelegt werden muss. Und drittens ist es bisher kaum gelungen, besiedelte Oberflächen mechanisch zu reinigen, ohne bestehende Antifouling- und Antikorrosionsschichten zu beschädigen. Der Grund: Die auf den ersten Blick unscheinbaren Meeresorganismen haben über Jahrmillionen hinweg höchst effektive Strategien der Anhaftung an Oberflächen entwickelt – ihre Anbindung ist fast so robust wie industrielle Klebebindungen. Die Entfernung gelingt dementsprechend meist nur gewaltsam und hinterlässt Spuren auf der Oberfläche. Abgeplatzte Stellen oder Risse in Lackierungen und Silikonschichten sind nicht selten. Das begünstigt dann nicht nur die Entstehung von Roststellen, sondern verstärkt auch das Biofouling. Denn in Rissen und Schrammen von Oberflächenbeschichtungen können sich Organismen wie Seepocken hervorragend festklammern. Ein Teufelskreis.
Neues Verfahren: Unterwasserbestrahlung mit blauen Laserline Diodenlasern
An genau diesem Punkt setzt nun das Helgoländer FoulLas-Projekt an. Es soll Wege zu einer oberflächen- und ökosystemschonenden Entfernung des hartnäckigen Bewuchses erschließen und so Alternativen zu den bestehenden Antifouling-Maßnahmen aufzeigen. An die Stelle der herkömmlichen mechanischen Entfernung soll eine Behandlung durch Unterwasserbestrahlung per Laser treten. Dabei versucht man, sich die zellschädigende Wirkung des blauen Laserlichts eines Laserline LDMblue Diodenlasers zunutze zu machen. Ziel ist es, die Zellstrukturen der angesiedelten Meeresorganismen so weit zu beschädigen, dass der Bewuchs von der Strömung abgewaschen wird. Die entsprechenden Versuche werden im Helgoländer Südhafen durchgeführt, wo das Fraunhofer IFAM einen Prüfstand für Bewuchstests betreibt. Die Projektlaufzeit erstreckt sich über mehrere Jahre, sodass die Möglichkeit besteht, auch jahreszeitbedingte Einflüsse abzubilden und saisonale Strategien zu entwickeln.
Neuer Ansatz im Reallabor
Sollte sich der neue Ansatz im Reallabor bewähren, stünde ein neues Reinigungsverfahren zur Verfügung, mit dem Schiffe nicht nur schonender und umweltfreundlicher, sondern auch effizienter von Bewuchs durch Meeresorganismen befreit werden könnten – würde doch die zeit- und kostenintensive mechanische Reinigungsphase entfallen und darüber hinaus der Aufwand für Reparaturbeschichtungen sinken. Zudem ließen sich durch den einfacheren Verfahrensaufbau kürzere Reinigungsintervalle realisieren, was sich durch die Reduktion von Treibstoffbedarf und Emissionsausstoß rasch amortisierte. Auch der Artenverschleppung würde vorgebeugt, was lokale Ökosysteme schonen und diverse Einschränkungen bei der Zielhafenauswahl aufheben würde. Erste validierte Versuchsergebnisse werden womöglich schon im Herbst 2020, spätestens aber Mitte des folgenden Jahres vorliegen.
Erfahren Sie mehr über den blauen Diodenlaser!
Werden Forschungsvorhaben aus Geldmitteln eines Bundes- oder Landesministeriums oder auch aus Finanztöpfen der EU-Kommission gefördert, so wird die administrative Umsetzung dieser Fördermaßnahme oft an einen sogenannten Projektträger delegiert. Dieser überwacht die Zuteilung und den Einsatz der bewilligten Gelder und stellt so eine korrekte Verwendung der Mittel der öffentlichen Hand sicher. Der im Beitrag erwähnte Projektträger Jülich, dessen erste Vorläuferorganisation 1974 am damaligen Kernforschungszentrum Jülich (Nordrhein-Westfalen) gegründet wurde, ist einer der bundesweit wichtigsten Verwalter von staatlichen Fördergeldern und verfügt heute neben seinem Jülicher Hauptsitz auch über Standorte in Rostock, Berlin und Bonn. Eigenen Angaben zufolge hat der Projektträger Jülich bislang im Auftrag des Bundes über 52.000 Forschungsvorhaben betreut und dabei Fördermittel in einer Gesamthöhe von 20,6 Milliarden Euro bewirtschaftet.